Zu den Zeiten, als wir uns in der Vorweihnachtszeit auf sogenannten Weihnachtsmärkten trafen und dort in geselliger Runde bei frühwinterlichen Temperaturen Glühwein konsumierten (die älteren unter uns werden sich noch erinnern) gab es von dem warmen Getränk in jüngerer Vergangenheit zweierlei Qualitäten. Der alt-herkömmliche “Glühwein”, ein Getränk zweifelhaften Rufes, wo ansonsten nicht vermarktbare vergorene Traubenerzeugnisse Grundlage eines zuckrig-pappigen Sudates lieferte, in dem neben dem Zellgift Ethanol auch gesundheitlich bedenkliche Chemikalien wie 5-Allylgujacol oder gamma-Phenylacrolein nachgewiesen wurden. Mit ordentlich Zucker versetzt stellt sich das Sodbrennen bereits vor dem ersten Schluck ein.
Als genussvolle Alternative hierzu kam in den letzten Jahren ein Getränk auf den Markt, der Winzerglühwein. Harmonisch, nur leicht gesüsst, mit feiner Würzaromatik, die dem Wein noch Platz für seinen Charakter ließ. Auch preislich oft in einer anderen Liga. Für das Geld eines Humpens ordinären Glühweines gab es hiervon nur einen Fingerhut voll.
Was aber ist der Unterschied zwischen dem Winzerglühwein und dem fuseligen Original. Gerüchte, dass Winzerglühwein von speziell vorbehandelten Rebstöcken käme, kamen mir zu Ohren. Heute Nacht bekam ich dann den Hinweis, dass ein Winzer bei Veitshöchheim das geheime Ritual der Winzerglühweins in den frühen Morgenstunden zelebrieren würde.
Ich fand einen feuererleuchteten Weinberg. In metallenen Kübeln entzündete der Winzer Räucherwerk mit Zutaten wie den getrockneten Blütenknospen des Gewürznelkenbaumes, fein geschälte und getrocknete Rinde des Zimtbaums und zerstoßenen Fruchtschoten des Cardamomstrauchs. Der Rauch traf in die sich gerade öffnenden Knospen des Weinstocks und wurde hier ebenso wie die Wärme des Feuers absorbiert. Mondlicht katalysiert den Prozess, wie mir der Winzer mitteilte. Durch die Auswahl und Zusammenstellung des Räucherwerkes sowie die Wahl der Rebsorte und die Mondphase gäbe es hier mannigfaltige Kombinationsmöglichkeiten. So sind Winzerglühweine durchweg Unikate. Die durch das “Frühglühen” enthaltenen Informationen müssen durch den Winzer natürlich durch das Vegetationsjahr gebracht warden. Separate Lese, separater Ausbau und separate Lagerung schließen sich an. Das alles erklärt sowohl den vorzüglichen Genuss als auch den hohen Preis des Produktes. Sind wir optimistisch, dass wir des Winzers mühen und sein Können Ende diesen Jahres wieder in seinem natürlichen Habitat, dem Weihnachtsmarkt, genießen können.
14 HF-Aufnahmen, 16 mm (24 mm KB), f/8, 6 s. Zusammengesetzt in LR.
Hans-Jürgen Bayer, Peter Brandt, Hans-Jörg Bäuerle, Friedemann Dittrich, Martin Kraus, Steffen Minack, Niels Müller-Warmuth, Jörg Nitz, Jan Lindgaard Rasmussen, Danko Rihter, Björn Sothmann, Arjan Veldhuis, Jens Vischer, Benjamin Vogel
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Comments
Wir haben zum Frühlingsanfang am Feuer mit Glühwein den Winter verjagt.
War wohl nur ein Teilerfolg...
Herzliche Grüße
Hans-Jörg
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