Deutschlands weiteste Mittelgebirgsfernsicht, 223,4km, vom Fichtelberg im Erzgebirge zum Brocken im Harz, habe ich auf dieser Plattform schon mehrfach bestaunt und gewürdigt. Für einen Fernsichtliebhaber wie mich steht diese Tour an einem "lauen Sommerabend" natürlich auch noch auf dem Zettel. Allerdings nur, um das selbst mal erlebt zu haben. Denn eine weitere Präsentation dessen scheint mir angesichts des bereits vorhandenen erstklassigen Materials wirklich nicht vonnöten.
Umso erstaunlicher ist für mich aber, dass es eine solche Fernsichtdokumentation in der Gegenrichtung hier noch nicht gibt (trotz einer Handvoll schöner Panoramen vom Brocken).
Am Sonntag, den 08.11.2020 war es dann aber so weit: Nachdem Petrus gnädig war und einen zweiten Tag in Folge gute Bedingungen geschaffen hatte, gab es kein Halten mehr: Raus um 3 Uhr morgens und los Richtung Harz. So erreichte ich gegen 6 Uhr den Ort Schierke und hatte mich für die Auffahrt über die Brockenstraße mit dem Rad entschieden. Das sind 10 Kilometer mit etwa 550 Höhenmetern, gegenüber dem Fußmarsch ist man etwas schneller oben und natürlich deutlich schneller wieder unten :-)
Trotzdem ist die Bergfahrt zur frühmorgendlichen Stunde eine herbe Sache, und die guten Refraktionsbedingungen haben mir bezüglich des Sonnenaufgangs auch einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht: Noch einige Meter, bevor ich oben war, legte die Sonne um 7:15 Uhr einen Frühstart hin und ging fast 10 Minuten vor der Zeit auf. Einen Bericht hierzu und erste Bilder hatte ich bereits an Claudia Hinz von der Seite "https://fichtelbergwetter.wordpress.com/" geschickt, welche ihn dort am 09.11.2020 freundlicherweise veröffentlicht hat, und auch auf meine Frage bezüglich des verfrühten Sonnenaufgangs sehr schön eingegangen ist. Eine wirklich empfehlenswerte Seite übrigens, auf der auch schon sehr schöne Bilder dieser mitteldeutschen Maximalfernsicht gezeigt wurden, allerdings keine Panoramen.
Zurück zum Brocken: Bemerkenswert war, dass zu der frühen Uhrzeit doch einige Leute auf dem Gipfel waren. Das Hotel hat zu und eine Auffahrt mit dem Auto zum Gipfel ist nicht möglich. Es war auch ein Vater mit 2 Kindern mit dem Fahrrad oben, da ziehe ich den Hut, wie man die Kinder dazu motivieren konnte. So wurden an diesem Morgen viele Fotos vom Sonnenaufgang geschossen, die meisten aber mit den Smartphones. Stative waren außer meinem tatsächlich überhaupt keine weiteren aufgebaut und so ging ich fast davon aus, dass niemand außer mir an dem Morgen an den Blick ins Erzgebirge gedacht hatte. Einige Zeit nach Sonnenaufgang lichteten sich die Reihen und es wurde ruhiger auf dem Gipfelplateau, auf dem mittels eiserner Tafeln viele Sichtmarken mit Entfernungsangabe kreisförmig um den Gipfelfels in den Boden eingelassen sind. Mögliche und auch unmögliche Sichtziele wie Warschau, Rom, und so weiter sind dort mit Entfernungsangabe zu lesen. Nur die weitestmögliche tatsächliche Sicht, knapp 227km zum tschechischen Keilberg (Klinovec), direkt gegenüber dem Fichtelberg, ist nicht angegeben.
Etwa 15 Minuten nach Aufgang durchwanderte die Sonne dann für einige Minuten einen etwas seltsam anmutenden Dunstschleier und wurde dabei geschätzt zu gut 90% abgedunkelt, was aber die Fernsicht überhaupt nicht einschränkte, sondern eher noch verbesserte. Und zu diesem Zeitpunkt entstand dann auch meine Serie, die ich hier präsentieren möchte.
Wie einige hier in anderen Berichten schon mehrfach erwähnten, muss ja zu Sonnenauf- und -untergang meist alles sehr schnell gehen. Das habe ich an dem Morgen auch am eigenen Leibe erfahren dürfen. Aber als es dann ruhiger wurde, schoss ich noch einige weitere Serien, deren Auswertung, auch auf Präsentierbarkeit, wohl aber mindestens bis Weihnachten dauern wird. Ob die Wasserkuppe, der Vogelsberg und/oder der Kahle Asten brauchbar dabei sind, muss ich erst noch in Ruhe sehen. Der Fichtelberg hat vom Brocken aus gesehen den Vorteil, dass er fast genau in der Sichtachse des Josephskreuzes steht (ein eisernes Aussichtskreuz auf dem Großen Auerberg bei Stolberg im Südharz). Also kann man sagen, wenn man das Josephskreuz hat, hat man auch den Fichtelberg. Und außerdem wird er natürlich von hinten von der aufgehenden Sonne beleuchtet, besonders jetzt im Winterhalbjahr.
Dementsprechend ist mein Panorama nach rechts raus leider etwas "abgesoffen". Das wurde dann bei zunehmender Helligkeit besser, aber dafür beim Erzgebirge natürlich gleichzeitig schlechter. Ich wollte aber schon aus Interesse an der Identifizierung der einzelnen Gipfel des Thüringer Waldes mindestens bis zum Großen Inselsberg durchziehen.
31QF, F1/14, 1/125s, f=230mm, ISO200, Stativ,
Autostitch, MS PhotoGallery, PhotoShop 6.0
Peter Brandt, Jörg Braukmann, Klaus Brückner, Friedemann Dittrich, Klaus Föhl, Heinz Höra, Martin Kraus, Dieter Leimkötter, Giuseppe Marzulli, Niels Müller-Warmuth, Jörg Nitz, Jan Lindgaard Rasmussen, Silas S, Björn Sothmann, Markus Ulmer, Arjan Veldhuis, Jens Vischer
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Comments
Die Fernsicht ist beeindruckend, ich freue mich auf die weitere Beschriftung.
Auffällig ist das doch deutliche (Farb-)rauschen. Wie ich aus den fotografischen Parametern ableite hast du deutlich unterbelichtet. Durch das Aufhellen wird das Rauschen in den dunklen Partien deutlich hervorgehoben. An der Belichtungsituation kannst du im nachhinein nichts mehr ändern, das Rauschen sollte jedoch technisch besser beherschbar sein.
Herzliche Grüße,
Dieter
Danke für deine (erste) Einschätzung. Mir ist das Problem mit der Belichtung sehr wohl geläufig. Das waren sicher -1,3 oder -1,7 EV. Für mich gibt es aber nichts Schrecklicheres als überbelichtetes Material. Und wie beschrieben, ich war voll Euphorie, es musste schnell gehen, es musste ja auch unbedingt die Schärfe stimmen. Kennst du ja sicher selber. Aber ich bin ja auf dieser Plattform noch im ersten (Lehr-)Jahr :-D
In Zukunft versuche ich, die gleiche Serie mehrmals aufzunehmen, oder gleich mit Belichtungsreihen. Muss mich da mal weiter einarbeiten ;-)
Da ich aber leider eher wenig Zeit in die Einarbeitung in neuere und komplexe Bearbeitungsprogramme habe und mir in erster Linie auch das Erlebnis wichtig ist und nicht nur das hundertprozentige Foto, gehe ich da in nächster Zeit weiter auch Kompromisse ein.
Kleine Anmerkung: Ich selber war noch nie auf dem Brocken, deshalb kann ich es nicht einschätzen. Aber wäre es nicht auch ohne den vielen Vordergrund gegangen?
es ist ja auch kein Fehler, kritisch zu sein und hohe Ansprüche zu haben
@Jens: Ich überlege gerade ... ich glaube eher nicht. Der Brocken hat ein recht großflächiges Gipfelplateau. Man bräuchte sicherlich eine 2km-Wanderung, um da evtl. mit weniger Vordergrund einmal rumzukommen. Sicherlich wäre dann auch irgenwo wieder irgendetwas im Weg. Die Blockhütte finde ich jetzt auch nicht wirklich unattraktiv. Oder man steigt auf den Gipfelstein. Der war aber besetzt und wahrscheinlich kann man dort das Stativ nicht stabil abstellen. Aber mir macht es nichts aus, dieser brockentypische Vordergrund (wir sind dort offiziell über der Baumgrenze) ist im übertragenen Sinn für das Panorama vielleicht sogar ein "Alleinstellungsmerkmal" :-)
Ein Brocken-Threesixty-Tele mit 200+ Aufnahmen bleibt als Herausforderung weiterhin offen ;-)
Einen Rat für die Zukunft: noch früher losfahren, um Reserven zu haben! Ich wurde mal durch eine Umleitung ausgebremst und hätte es fast auch nicht mehr geschafft.
LG Jörg
danke für die Würdigung ;-)
ja, manchmal möchte man halt gern etwas mehr schreiben, besonders wenn es die Zeit zulässt, das Erlebte "frisch" zu präsentieren :-)
Daß mit der Tele-Brennweite ein so gutes Landschafts-Panorama mit einem so scharfen Vordergrund zustandegekommen ist, finde ich anerkennenswert.
Die Sichtbarkeit der enormen Weitsicht zum Erzgebrge betrachtete ich erst etwas skeptisch, weil dort auch nichr die kleinste Spitze z B. die des 200m über seine Umgebung sich erhebenden Keilberges zu sehen ist. Immerhin ergibt sich bei dem wegen der Erdkrümmung in 220km Entfernung ohne Refraktion eine Erniedrigung von 4000m und bei normaler Refraktion von 3500m. Das ergibt dann einen Höhenwinkel von -0,86°, unter dem der Keilberg vom Brocken aus zu sehen wäre. Im Vergleich dazu wäre der nur 385m hohe Gleis-Berg in 119km Entfernung unter -0,83°, also sogar etwas höher, zu sehen. Nun sind aber in Erzgebirgsrichtung keine solchen Hügel in der Entfernung. Überzeugt hat mich aber erst so richtig, als ich bemerkte, daß dieser Bereich, in dem Keilberg & Co sein sollten, sich durch ein schmales, helles Band von dem darunter liegenden abhob. Das ist auch bei dem Bereich um den Auersberg der Fall. Das sieht so aus wie eine Luftspiegelung, die wir bisher mehrmals bei Fernsichten über 60 km zu Inseln in der Ostsee beobachtet haben, z. B bei Nr. 14002. Was das hier bedeutet, müßte man noch erörtern.
@ Heinz: Danke für die Würdigung! Von jemandem, der es gerne genauer hinterfragt, ist dies viel wert! Da ich dieses Jahr von einigen Standpunkten aus schon das Erzgebirge fotografiert hatte, gab es für mich keine Zweifel. Nach Herrn Deuschle ist die Sicht dort hin vom Brocken aber auch bei normalen Refraktionsbedingungen möglich. Dass mein Horizont im Bild immer und überall auf 1/100 Grade genau stimmt, wage ich nicht zu postulieren. Da müsste ich schon ein sehr gutes Augenmaß haben ;-)
Dass die Richtungsangaben auf 1/10° gelungen sind, ist der genauen Ortung des Fichtelbergs und des Inselsbergs geschuldet.
Dass weit entfernte Gebirgszüge oft flacher als erwartet erscheinen, ist mir schon bei anderen Panos aufgefallen, auch bei mittleren Entfernungen, so 50-100km zum Beispiel. Zum Thema Refraktionsbedingungen arbeite ich gerade an einer für mich verblüffenden Serie von mir zu Hause von der Terrasse aus. Dort sehe ich die Fahnersche Höhe hinter Erfurt. Mal weiter unten, mal weiter oben. Am 07.11. morgens war sie sehr sehr weit oben! Bringe ich bald mal raus hier.
@ Martin: Ich finde, hier geht es noch mit den "unnamed hills". Hatte ich schon schlimmere Gegenden. Es kommt auch ein wenig auf die Karten an, die man zu der Gegend findet. Manche Anhöhen sind auf manchen Karten benannt, manche nicht. Ich übertreibe es dann aber auch nicht mit der Recherche. Wer was weiß, darf es gerne ergänzen ;-)
@ Jörg: Wie gesagt, die Serie "soff" nach rechts hin immer stärker ab, das ist aber für kurz nach Sonnenaufgang normal. Ich habe aber etwa 1 Stunde lang noch weitere Serien geschossen und denke mal, dass da noch was westlich vom Inselsberg dabei ist. Wenigstens als Fernsichtdoku. Dauert aber noch ein bisschen ...
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